VorwortIm Sommer reifte während eines Alpenurlaubs die Idee den 'Kilimanjaro' zu besteigen. Was folgte war eine intensive Auswahl möglicher Routen und Anbieter. Der ZeitraumDa ich für die Tour meinen Resturlaub nutzen und diesen nun auch nicht zwingend auf das nächste Jahr verschieben wollte fiel meine Wahl schnell auf den Dezember. Dies erschien der beste verbleibende Kompromiss zwischen Wetterbedingungen und Menschenandrang auf dem Berg und sollte mir noch ausreichend Zeit lassen mich entsprechend auf die Reise vorzubereiten. Der Dezember markiert zwar den Eintritt in die Hochsaison nach dem Ende der Regenzeit im November bzw. Anfang des Dezembers, allerdings erfolgt der große Andrang erst ab Januar. Somit erschien der Zeitpunkt günstig. In der Tat war nur ein Tag verregnet, auf den Routen waren wir meist alleine unterwegs und auch die Campingplätze hatten noch große Kapazitäten. Auch den Gipfel konnten wir alleine genießen, aber dazu später mehr. Der AnbieterTrotz intensiver Suche konnte ich keinen deutschen Anbieter finden der eine entsprechende Gruppenreise im gewünschten Zeitraum mit Durchführungsgarantie anbot. Aufgrund schlechter Erfahrungen bei der Besteigung des Jebel Toubkal einiger Monate zuvor wollte ich mich nicht erneut auf das Roulette einlassen und eine Reise buchen die dann ggf. mangels Teilnehmer ausfällt. Eine Solobuchung, die nicht wesentlich teurer als eine Gruppenreise ist, war für mich auch keine Option da die Besteigung nur mit einer Begleitcrew erlaubt ist. So wird selbst ein einzelner Wanderer von einem Guide, Koch und mehrere Träger begleitet. Dies alleine zu machen bei Begleitung einer mehrköpfigen Crew nur damit ich den Gipfel erreiche hätte bei mir einen deutlich zu kolonialen feudalen negativen Beigeschmack hinterlassen. Somit blieben nur internationale Anbieter. Nach einiger Suche habe ich bei dem südafrikanischen Anbieter Climbing Kilimanjaro gebucht der die Tour in Tansania durch den Anbieter Hidden Valley Safaris durchführen lässt. Auch wenn das Ganze zunächst nicht besonders vertrauensvoll klingt kann ich den Anbieter nur weiterempfehlen. So waren die Abstimmungen und Klärung offener Fragen im Vorfeld mit Climbing Kilimanjaro wie auch die Zahlungsmodalitäten (ich habe vorab 200 USD anbezahlt und den restlichen Betrag erst vor Ort beglichen) sehr professionell, wie auch die Durchführung durch Hidden Valley Safaris. Die TourEs führen eine Reihe von Touren auf den Gipfel des Kilimanjaros. Da mir es wichtig war mich an eine bestehende Gruppe in dem möglichen Zeitfenster anzuschließen war die eigentliche Tour für mich zweitrangig. Hier hatte ich nur zwei Anforderungen: Zum einen galt es den Norwalweg, die Marango Route aufgrund ihres schlechten Rufs (Überlaufen, schlechte hygienische Bedingungen) zu vermeiden. Zum anderen galt es das größte Risiko des Gipfelerfolgs, die Höhenkrankheit, durch eine möglichst lange Akklimatisierung zu reduzieren. Bei Climbing Kilimanjaro konnte ich mich einer Gruppe anschließen die die Besteigung auf der Machame Route in sieben Tage plante und somit einen zusätzlichen Akklimatisierungstag einplante. Ohne zu wissen worauf ich mich hierbei einließ kann ich die Entscheidung heute in jedem Fall empfehlen. |
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Auf einem BlickDas Kilimanjaro-Massiv: Das höchste Bergmassiv in Afrika wird im Wesentlichen von drei Vulkanen dominiert: dem Shira, den Mawenzi und den Kibo. Der Kibo dominiert wiederum die beiden anderen Gipfel, seine höchste Stelle, der Uhuru Point, ist bei 5.985 m Höhe das Ziel quasi aller Expeditionen. So man also vom 'Kilimanjaro' spricht, ist hierbei meist der Kibo gemeint. Die von mir begangene Machame Route gilt dabei als eine technische einfache Route die dennoch aufgrund der Länge und Höhe hohe Ansprüche an die Kondition stellt. Insbesondere die Höhenkrankheit stellt hierbei das größte Risiko des Gipfelerfolgs da (Die Erfolgsquote liegt laut Wikipedia bei etwa 50%). Die Machema Route gilt als einer der landschaftlich schönsten Routen. Folgende Tabelle zeigt die einzelnen von uns zurückgelegten Etappen:
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TourenberichtTag 1 (10.12.2014): Der Regenwaldgürtel Los geht es, Tag eins. Wir - das wären Nicola, Margie und Carla aus Australien, Neil und Conrad aus Südafrika, unser 25 köpfiges Expeditionsteam (Unser Bergführer Musa, seine beiden Assistenten Daniel und Emmanuel, Koch und Hilfskoch sowie die Träger) und ich - machen uns auf den Weg durch den Regenwald am Fuße des Kilimanjaromassivs. Jeder von uns konnte bis zu 15 kg persönliches Gepäck an einen Träger abgeben womit die Etappe bei leichtem Tagesgepäck heute eher einem ausgedehntem Spaziergang durch einen Regenwald ähnelt. Der Weg erinnert dabei anfänglich noch an eine Feldstraße um irgendwann in einen Pfad überzugehen. Unterwegs begegnen uns einige Affen, somit ist auch gleich etwas Unterhaltung auf dem sonst nach einigen Stunden Marsch doch eher eintönigen Weg eingebaut. Immerhin, am Abend zeigt sich das erste mal im Nachthimmel das Ziel unserer Reise: Der Kibo. |
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| Bild 1.1 - Blick auf den durchquerten Regenwald (Aufgenommen während eines Akklimatisierungsgangs nahe des Machame Camp; ca. 3.200 m; 16:45 Uhr). |
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| Bild 1.2 Am Abend klärt sich der Himmel auf und es zeigt sich das erste mal der Kibo (Aufgenommen im Machame Camp; 3.020 m; 18:58) |
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Tag 2 (11.12.2014): Das 'Shira Plateau' Jeden Tag scheint sich die Landschaft zu ändern, gestern Regenwald, heute eine Steppen- und Wüstenlandschaft auf immerhin schon über 3.000 m. Dennoch, im Vergleich zu den kargen Alpenlandschaften auf dieser Höhe zeigt sich weiterhin viel Grün so nahe am Äquator. Der Tagesablauf heute und die kommenden Tage ist im wesentlichen der Gleiche. Morgens stehen wir zu einem am Vorabend vereinbarten Zeitpunkt auf, packen unseren Seesack für die Träger und unseren Tagesrucksack. Dann frühstücken wir gemeinsam im Messezelt in dem wir auch unsere Wasservorräte auffüllen. Es folgt die Tagesetappe, die wir meistens gegen Mittag bereits beenden, so dass wir wieder im Messezelt ein warmes Mittagessen bekommen (im Übrigen waren alle Mahlzeiten sehr gut, ich habe in der Woche deutlich zugenommen). Am Nachmittag folgt dann je nach verfügbarer Zeit ein Höhgengang zur besseren Akklimatisierung. Dem warmen Abendessen folgt die Überprüfung des Gesundheitsstands u.a. durch Messung der Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz mit einem Pulsoxymeter. Der Tag wird schließlich mit dem Briefing für den kommenden Tag abgeschlossen. Meine Mitreisenden aus Australien und Südafrika beginnen heute auch Diamox zu nehmen, ein Medikament dem man ein Unterstützung der Höhenanpassung nachsagt zur Vermeidung der Höhenkrankheit. Hier prallen nun die Kulturen aufeinander, so ist die Einnahme in Amerika, Afrika und Australien scheinbar üblich, in Europa dagegen verpönt. So hatte mir meine Tropenärztin bei meiner Gelbfieberimpfung massiv von dem Medikament abgeraten. So bleibe ich der einzige in unser Gruppe welcher auf die Einnahme medizinischer Hilsmittel zur Höhenanpassung verzichtet (Was laut unserem Bergführer etwa ein Viertel aller Gipfelaspiranten tut). Eine Entscheidung die ich am Gipfeltag noch bereuen werde. |
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| Bild 2.3 Die Routenwahl ist eine Wanderstrecke, Hände kommen nur sehr selten zur Unterstützung zum Einsatz (Aufgenommen auf halber Tagesetappenstrecke; ca. 3.400 m; 10:48 Uhr) |
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Tag 3 (12.12.2014): Der 'Lava Tower' Auch heute wandern wir wieder in eine anderen Landschaft als gestern. Das Grün weicht einer kargen Gerölllandschaft, stimmig zu den kargen Aussichten zieht auch Regen und Nebel auf. Der Höhepunkt des heutigen Tages ist das das Plateau des Lava Tower, einem rund 4.600 m hohem durch vulkanischen Aktivitäten entstandenem Gebilde, welches an einen Turm erinnert. Somit, immerhin für mich, ein neuer Höhenrekord der bislang bei 4.167 m lag (der Jebel Toubkal in Atlas Gebirge). Trotz Regen kann ich meinem Spieltrieb nicht widerstehen und klettere einige Minuten bis an den Fuß der aufsteigenden Felswand während meine Mitstreiter am Fuß des Plateaus zurückbleiben, ihnen ist es bei der Nässe nicht auch noch nach klettern Der Lava Tower gilt als wichtige Stelle für eine erfolgreichen Höhenakklimatisierung die hohe Tagesetappen bei niedriger Schlafhöhe empfiehlt. Unser Bergführer hatte uns bei dieser Höhe vor den Symptomen der Höhenkrankheit gewarnt, dennoch haben wir alle Glück und bleiben von diesen verschont. Bislang verläuft mit oder ohne Diamox die Anpassung sehr gut. Beim Abstieg vom Lava Tower begegnen sie uns nun das erste mal: Riesensenezien, große wuchtige und für mich so fremdartige Pflanzen dass sie aus einer Fantasiewelt zu entstammen scheinen - und das bei einer Höhe von über 4.000 m wo in den Alpen schon knapp über 2.000 m Höhe nur noch kleine Büsche und Sträucher wachsen. Vegetations- und Klimazonen wechseln sich somit weiterhin täglich ab, auch oder gerade das macht den Kilimanjaro so reizvoll. |
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| Bild 3.1 Der Kibo am Morgen, die frühen Wolken sind kein gutes Wetterzeichen für den heutigen Tag (Aufgenommen im Shira Camp; 3.847 m; 06:51 Uhr) |
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| Bild 3.6 Eine fremdartige Flora erstreckt sich hier rund 350 km südlich des Äquator auf über 4.000 m Höhe (Aufgenommen zwischen Lava Tower und Barranco Camp; ca. 4.300 m; 13:10 Uhr) |
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| Bild 3.7 Wolkenverhangene Gebirgswelt des Kilimanjaros bilden atemberaubende Anblicke auf 4.000 m Höhe (Aufgenommen im Barranco Camp; 3.984 m; 17:57) |
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Tag 4 (13.12.2014): Breach Wall 'Auf und ab' ist das heutige Motto. Zwar werden wir am Ende des Tages die gleiche Höhe haben wie am Start, jedoch müssen wir hierfür mehrfach auf und absteigen um dann am Ende des Tages noch einen langen steilen Aufstieg zu überwinden um zum Camp zu gelangen. Zunächst steht jedoch einer meiner Höhepunkte an: Die Breach Wall, eine rund 300 m hohe Wand die fast senkrecht vor uns aufzuragen scheint. Von unten kaum zu glauben führt ein Weg mit einfachen Kletterstellen bis zu ihrer Kante. So man den Normalweg geht - ich weiche immer mal wieder ab um erklettere anspruchsvollere Stellen und kürze so auch den Weg ab. Am Abend der nächste Höhepunkt: In der Dunkelheit blickt man bei vollständiger Stille nach Moshi, der Großstadt am Fuß des Kilimanjaros, die den Startpunkt unserer Reise darstellte. Ein Blick von oben auf tausend kleine Lichter, wie der Blick aus einem überfliegendem Flugzeug bei Nacht. Ich könnte scheinbar ewig nach unten schauen und die Ruhe hier oben in vier Kilometer Höhe genießen. |
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| Bild 4.1 Gleiche Perspektive am nächsten Morgen, die Temperaturen fallen nachts nun schon spürbar unter den Gefrierpunkt. (Aufgenommen im Barranco Camp; 3.984 m; 07:29 Uhr) |
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| Bild 4.3 Im Norden zeigt sich der Kibo, rechts daneben erstreckt sich die Barranco Felswand die es heute zu überwinden gilt. (Aufgenommen im Barranco Camp; 3.984 m; 08:08 Uhr) |
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Tag 5 (14.12.2014): Barfu Heute steht nur ein kurzes Stück auf dem Plan, lediglich 3,4 km um 600 m Höhe zu überwinden. Somit bleibt genügend Zeit um früh in das Bett zu gehen, denn kommender Nacht werden wir bereits gegen Mitternacht aufbrechen und versuchen den Gipfel des Kibo zu erreichen. Der Weg ist bei weiten nicht so interessant wie die Tage zuvor, eine reine Schutt- und Gerölllandschaft. Im Lager angekommen habe ich das erste mal seit Beginn der Reise wieder Gelegenheit deutsch zu sprechen. Uns begegnet eine deutschsprachige Gruppe die gerade vom Gipfel kommt. Die Gesichter wirken ausgebrannt, die Blicke leer. Im kurzen Gespräch erfahre ich, dass trotz der intensive Akklimatisierung einer achttägigen Tour (und damit noch einen Tag mehr als wir) nur 6 von 12 Aspiranten den Gipfel erreichen konnten. Vier wurden schwer Höhenkrank, zwei weitere mussten aufgrund einer Mischung aus Erschöpfung und milderer Form der Höhenkrankheit abbrechen. Damit kam die Gruppe auf eine Ausfallquote von 50%, dem was auch die Wikipedia als Erfolgsquote angibt. Keine guten Vorzeichen für morgen ... Die kurze Nacht auf über 4.600 m kann ich kaum schlafen. Mir macht die Höhe nun immer mehr zu schaffen. Ich leide unter Atemnot, muss mit einer viel höheren Frequenz atmen wie ich es sonst tue. So wache ich oft auf weil ich keine Luft mehr bekomme. |
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Tag 6 (15.12.2014): Gipfeltag Nach einer viel zu kurzen und unruhigen Nacht stehen wir gegen 23:30 Uhr auf. Als ich auf aus dem Zelt klettere sehe ich schon die ersten kleinen Lichter der Stirnlampen anderer Gipfelaspiranten die sich langsam dem Berg hochbewegen. Die ersten Gruppen sind deutlich vor uns aufgebrochen. Zum Frühstück gibt es nur noch Popcorn um möglichst einem Erbrechen durch die Höhenkrankheit vorzubeugen. Gegen 00:30 ist es soweit, als einer der letzten Gruppen starten wird in dieser Nacht zu neunt (unsere drei Bergführer und wir, die sechs zahlenden Gäste) den Gipfelsturm. Die nächsten Stunden nutze ich intensiv mein Smartphone um Musik und Podcasts zu hören. Zu eintönig ist der Aufstieg im Schein der Stirnlampen. Unser Tempo ist schnell, nach und nach werden wir alle vor uns gestarteten Gruppen einholen. Dennoch kommt mir unser Tempo langsam vor, schneller könnte ich in der Höher aber auch nicht aufsteigen. Unterwegs beginnen unsere Bergführer plötzlich im Chor Lieder zu singen (im Übrigen erstaunlich gut). Kaum zu glauben, zu einem Zeitpunkt zu dem ich hastig atmend versuche irgendwie meine Lungen mit Luft zu füllen erhalten wir eine erstaunlich gute Vorstellung tansanianischen Gesangeskunst vorgeführt. Schon bald wird jedoch auch meine Schnappatmung nicht mehr den Sauerstoffmangel kompensieren können. Immer öfters bleibe ich stehen um mit drei, vier schnellen und tiefen Atemzügen genug Luft zu bekommen um so wieder mit Schnappatmung die nächsten Schritte gehen zu können um bald aufgrund Luftmangels erneut stehen bleiben zu müssen. Kurz vor Sonnenaufgang erreichen wir schließlich den Kraterrand, zu diesem Zeitpunkt haben wir bereits alle vor uns gestarteten Gruppen weit hinter uns gelassen. Im Schein der aufgehenden Sonne ist es nach einem fünfeinhalb stündigen Marsch um 6:00 Uhr soweit: Wir stehen alle gemeinsam - wie von unserem Bergführer Musa prophezeit - auf dem Uhuru Peak, dem höchsten Punkt Afrikas auf dem höchsten freistehendem Berg der Welt. Wir bleiben etwa 20 Minuten bis unsere Bergführer beginnen zum Rückmarsch auffordern, zu hoch ist die Gefahr der Höhenkrankheit hier oben. Nur mühsam kann ich bei -15 Grad mit meinen steifen Finger meine Handschuhe wieder anziehen die ich zum Fotografieren ausgezogen hatte. So hatten wir doch viel Glück mit dem Wetter. Der wolkenlose Himmel bot einen fantastischen Ausblick. Auch wehte kaum Wind auf dem Gipfel wodurch die gefühlte Kälte nicht noch kälter als die reale Temperatur wirkte. So treten wir widerwillig den Marsch nach unten an, zu großartig sind die Momente hier oben auf dem Gipfel der uns immer noch alleine gehört. Erst als wir den Marsch nach unten antreten begegnet uns der erste einzelne Bergsteiger der sich von seine Gruppen gelöst hatte und nun selbst bald den Gipfel erreichen wird - eine halbe Stunde nachdem wir diesen erreichten. Die große Masse der Aspiranten hat aber auch er hinter sich gelassen. Bis zum Gipfel hatte ich keinerlei Anzeichen der Höhenkrankheit, so langsam fragte ich mich, ob die ganzen warnenden Berichte in denen die Gipfelaspiranten von schweren Auswüchsen dieser geplagt werden, nicht doch etwas übertrieben waren. Ich weiß nicht mehr wann es passiert ist, jedoch irgendwann merke ich, dass etwas nicht mehr mit mir stimmt - so ganz und gar nicht mit mir stimmt. Träume ich? Bin ich wirklich auf dem Kilimanjaro? Was passiert hier? Die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwinden immer mehr, mein Kurzzeitgedächtnis setzt aus. Ich weiß, dass eben etwas passierte, ich etwas zu jemanden sagte, irgendetwas tat - die Details dessen verschwinden jedoch sofort, wie ein Traum nachdem man aufwachte. Ich habe das Gefühl mein Gehirn ist in Watte eingepackt, irgendwo bin ich durch eine dicke Wand von der Realität abgekoppelt. Und es wird nicht besser, langsam verliere ich jedes Zeitgefühl. War da etwas? War es eben oder vor eine halbe Stunde? War es wirklich oder doch nur eine Einbildung, eine Vorstellung? Mein Gedächtnis arbeitet gefühlt nur noch mit der halben Leistung. Ich habe das Gefühl zu torkeln, habe das Gefühl nicht mehr gerade gehen zu können, ständig das Gefühl hinfallen zu müssen, das Gefühl mich nur noch durch Hilfe meiner Stöcke vorwärtsbewegen zu können. Die Höhenkrankheit zeigt sich auf viele verschiedene Arten. Die einen haben Kopfschmerzen, die anderen übergeben sich, und bei mir war es das Gefühl des Realitätsverlustes. Am ehesten noch vergleichbar mit einem starken Alkeholrausch, wobei der Zustand hierdurch nicht wirklich beschrieben wird den ich dort oben erlebte. An den Abstieg selber habe ich kaum noch Erinnerungen, immerhin lande ich irgendwann acht Stunden nach unserem Aufbruch wieder in meinem Zelt (Was ich aber nur noch durch die Zeitstempel der von mir noch gemachten Fotos weis). Vielleicht war es der schnelle Aufstieg der hier seinen Tribut forderte. Nach nur eine viel zu kurzen Stunde Schlaf muss ich wieder aufstehen, mein Zeug packen. Wir frühstücken kurz, nun sind wir alle gezeichnet auf die eine oder andere Weise durch die vorangegangenen Anstrengungen, das Glücksgefühl über den Erfolg werden wir erst morgen erleben. Meine Symptome werden noch die nächsten Stunden anhalten. Traum und Realitätsgefühl werden sich nur langsam wieder trennen. Irgendwie steigen wir heute nun noch weitere 1.600 m ab, beißen die Zähne zusammen bis wir am Nachmittag auf rund 3.000 m unser Camp erreichen, nur einige Stunden zuvor waren wir auf fast 6.000 m. |
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| Bild 6.6 Blick auf den inneren Krater des Kibos. Auch heute ist der Kibo noch aktiv, der letzte Ausbruch liegt aber mindestens 1.700 Jahre zurück. (Aufgenommen am Uhuru Peak; 5.895 m; 06:14 Uhr) |
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Tag 7 (16.12.2014): Zurück in der Zivilisation Was einige wenige Stunden Schlaf doch bewirken können. Mir geht es gut! Gut, meine Oberschenkelmuskulatur brennt jetzt etwas, aber das war es auch schon. Keine Knieschmerzen, keine Blasen oder Abschürfungen an den Füßen und vor allem keine Höhenkrankheit mehr. Jetzt bricht die Freude über den Erfolg des gestrigen Tages durch. Es wird viel gelacht, gesungen und ausgetauscht, zumal wir alle wissen in nur wenigen Stunden werden wir die Tour beenden. Es ist die Zeit der Gruppenfotos, in allen möglichen Konstellationen machen wir Fotos bevor wir schließlich aufbrechen. Den letzten Abschnitt der Tour führt wieder durch den Regenwald, auch einige Affen begegnen uns noch einmal. Am Tor, dem Ende der Tour angekommen tragen wir uns das letzte mal ein das Gästebuch ein und übergeben die Trinkgelder (welche alle über den vorgeschlagenen Summen liegen). Wir genießen eine Cola und eine kurze Fahrt mit dem altmodischen Bus führt uns zurück in unser Hotel. Wir erhalten noch unsere Besteigungszertifikate und verbringen noch einige Zeit zusammen. Unserer Wege trennen sich bereits heute. Während Nicola, Margie, Carla, Neil und Conrad erst morgen weiterreisen, geht mein Flieger nach Kenia bereits an diesem Abend. Strand und Safari stehen auf dem Programm, na das ist dann doch mal eine Abwechslung! Ralf Mayer, Kenia, 21.12.2014 |
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| Bild 7.2 Ein Großteil unserer 31 Kopf großen Gruppen. (Aufgenommen im Mwenka Camp; 3068 m; 07:41 Uhr) |